Dorfgeschichte

Münchenstein, 14. Juni 1891, 14.30 Uhr

Der 14. Juni 1891 war ein Sonntag. In Münchenstein, das damals noch Mönchenstein hiess, war ein grosses kantonales Sängerfest geplant; viele Ausflügler aus der Stadt und den benachbarten Dörfern wollten mit der Jurabahn anreisen. Um halb drei Uhr nachmittags ereignete sich auf der Birsbrücke, nur wenige hundert Meter von der Arlesheimer Grenze entfernt, das bisher grösste Zugunglück in der Schweiz: Um 14.30 Uhr stürzte die Birsbrücke ein, als eine Zugkomposition von zwei Lokomotiven, einem Gepäck- und Postwagen und vier Personenwagen die Brücke passieren wollte. Die Brücke war anno 1875 vom Erbauer des Pariser Eiffelturms Gustave Eiffel entworfen und erbaut worden.
Muenchenstein-Eisenbahnunglueck-1891
Foto © Bericht über die Mönchensteiner Brückenkatastrophe,Wilhelm Ritter/Ludwig von Tetmajer, Zürich 1891

Die Lokomotiven und Wagen stürzten in die Tiefe, 78 Menschen starben und 131 wurden verletzt.
Muenchenstein-Eisenbahnunglueck-1891-2
Foto © Bericht über die Mönchensteiner Brückenkatastrophe,Wilhelm Ritter/Ludwig von Tetmajer, Zürich 1891

Aus Arlesheim, so berichtet unser Dorfchronist Sütterlin, scheint nur der erste Sekretär der Beszirksschreiberei, Xaver Heller, sich in dem fatalen Zug befunden zu haben. Er blieb unverletzt. Der Grund des Unglücks sieht Sütterlin darin, dass die Konstruktion der Brücke für solchen Verkehr zu leicht gewesen sei. Wegen der grossen Zahl von Zuschauern und Zuhörern am kantonalen Sängerfest, die sich zu den sonst schon zahlreichen Sonntagsausflüglern gesellten, habe eine zweite Lokomotive vorgespannt werden müssen; für zwei Lokomotiven sei die Brücke aber zu schwach gewesen. - Mit dem Singen hatte es ein Ende, die Sänger waren die ersten, welche den Verunglückten zu Hilfe eilten. Pompiers und Sanitätstruppen von Basel kamen ebenfalls. Die basellandschaftliche Regierung war in ihrer Mehrheit mehrere Tage auf dem Unglücksplatz, auch das Militär wurde aufgeboten. Am Montag nach dem Unglück schätzte man über 40'000 Personen bei der Brücke und auf den zuführenden Strassen. Sütterlin fragt in seiner Heimatkunde:
Wird man nun wohl vorsichtiger sein? Massregeln dazu sind von oben getroffen; aber ob sie genügen, um ähnlichen Unglücken vorzubeugen? (...) Sollte es vielleicht eine Mahnung sein, das wirklich ins Übermässige gehende Vergnügen einzuschränken?
Der Bericht über die bis heute grösste Eisenbahnkatastrophe der Schweiz machte die Jura-Simplonbahn, eine Privatbahn, als Hauptschuldige für das Unglück aus. Sie habe die Erfordernisse der Sicherheit zugunsten von Gewinnmaximierung vernachlässigt. Mit dieser Kritik leistete der Bericht einen wesentlichen Beitrag zur Verstaatlichung der schweizerischen Bahnen, die schliesslich im Jahre 1900 erfolgte. Der Staat bemängelte die fehlende Sorgfaltspflicht bei den Privatbahnen und wollte die Sicherheit der Reisenden nicht länger den Gesetzen des freien Marktes überlassen.

Zumbuehl-Muenchenstein-Bruecke
Die neue Birsbrücke
Foto Roland Zumbühl, © picswiss

Eierlesen vor 100 Jahren

Während die Eierleute im Dorf am Einsammeln sind, hier die Beschreibung von Georg Sütterlin *) über das Eierlesen, das ursprünglich am Ostermontag stattfand:

Nach der Vesper dieses Tages (Ostermontag), der ehemals Feiertag war, und zwar roter, nicht bloss blauer**), wie jetzt, versammelten sich die Jünglinge des Dorfes und gingen hinaus vor das Dorf auf einen freien Platz. Hier teilten sie sich in zwei Parteien. Die eine davon musste eine bestimmte Strecke Wegs durchlaufen, während die andere eine Anzahl Eier in eine Wanne oder einen Bockten aufsammeln musste, ohne davon zu zerbrechen. Natürlich wählte jede Partei den zu dem betreffenden Geschäfte Tauglichsten aus. In der Regel siegte derjenige, der zu laufen hatte; denn die Eier mussten Stück für Stück in die Wanne gelegt werden, und wenn auch diese mit Spreu angefüllt war, so brauchte es doch grosse Geschicklichkeit, um keines zu zerbrechen. Der festgesetzte Preis wurde dann gemeinschaftlich "vertrunken". Es war also etwas ähnliches, wie das jetzt noch bestehende "Hornussen" (Brunssen) im Kanton Bern.
*) Gebräuche im Birseck, in: Zeitschrift Schweizerisches Archiv für Volkskunde, 1899; später integriert in die Heimatkunde des Dorfes und Pfarrei Arlesheim, 1904

Eine Kirche für 800 Franken?

Was wollte der Ratsherr Singeisen mit der dem Abbruch geweihten alten Arlesheimer Odilienkirche, die er anno 1814 für 800 Franken erwarb? -
Weiherhof-HohestrasseEr hat sich aus dem Abbruchmaterial den Weiherhof (auch Magdalenenhof genannt) an der Hohestrasse 10 oberhalb Oberwils erbaut. Der Hof ist noch erhalten und seit 1987 unter Denkmalschutz gestellt. Nichts liegt näher, als dem alten Arleser Gestein einen Besuch abzustatten, doch dies erweist sich als schwieriger als erwartet ... Das Betreten des Hofareals ist mit einem richterlichen Verbot belegt, das Grundstück mit einem elektrischen Zaun umgeben und vor den Hunden wird gewarnt ...


Weiherhof-2

Weiherhof
Die Nachbarsleute berichten denn auch von Joggern und Spaziergängern, die nach unliebsamen Begegnungen mit den Hunden mit zerfetzten Kleidern schleunigst den Rückzug antraten ... Das alte Arleser Gestein ist gut bewacht ...

Fasnachtsfüür und Reedlischwinge

Suetterlin-Zeitschrift-SAfVAm morgigen Sonntag, 5. März 2006, findet ab 18.30 Uhr auf dem alten Steinbruch das traditionelle Fasnachtsfüür mit Reedlischwinge statt. Holzscheibchen werden an einem Stecken ins Feuer gehalten und dann vom Schlagbrett aus in die Nacht geschossen. - Diesen alten Brauch hat schon Georg Sütterlin anno 1899 beschrieben, und zwar so:
Das Fasnachtsfeuer. Am Sonntag nach dem Aschermittwoch oder an der "alten Fasnacht" wurde abends auf einer Anhöhe in der Nähe des Dorfes ein grosses Feuer, zu dem die Knaben an den Tagen vorher das Material gesammelt hatten, angezündet und dabei brennende Holzscheibchen in die Luft geschleudert. Man mag von diesen aus dem Heidentum stammenden Frühlingsfeuern denken, was man will, etwas Imposantes haben sie immerhin, zumal wenn man, an einer zentralen Lage sich befindend, deren rings um sich her bei fünfzig und noch mehr sieht. Sie nehmen sich dann aus wie ein Kranz von helleuchtenden Sternen, die den Horizont besäumen und von denen zahlreiche Sternschnuppen ausgehen. Dazu kommen noch die Kienfackeln, die in gewundenem Zuge von der Anhöhe herabsteigend, von ferne aussehen wie eine grosse feurige Schlange. Ob die brennenden Scheibchen auch ein Gruss sein sollen an die Geliebte, wie in Graubünden, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Nachdem das Feuer erloschen, kehrt man unter Vorantragung der erwähnten Fackeln und beim Spiele der Musik ins Dorf zurück (...) .
Quelle: Georg Sütterlin, "Gebräuche im Birseck", in: Zeitschrift "Schweizerisches Archiv für Volkskunde", Jahrgang 3 (1899) - Der Inhalt dieses Artikels von Sütterlin fand später Eingang in die "Heimatkunde des Dorfes und der Pfarrei Arlesheim" von G. Sütterlin aus dem Jahre 1904. Erstmals hatte sich Sütterlin anno 1878 in einer aus Anlass der Reparatur der Kirche und der Einweihung neuer Glocken verfassten Broschüre mit der Arleser Heimatkunde befasst.

Der Rebberg "Steinbruch"

Steinbruch-Reben
In den letzten Wochen konnte im Steinbruch und den weiteren Arleser Rebbergen die verantwortungsvollste Aufgabe im Rebjahr beobachtet werden: der Schnitt der Reben. Etwa 90% der Jahrestriebe werden weggeschnitten, pro Rebstock wird jeweils ein zweijähriger Trieb stehengelassen.


Adolf Heller (1882 - 1966) haben wir es zu verdanken, viel mehr seinem Augenleiden, das ihn zwang, seinen Beruf als Maschinenzeichner und - konstrukteur aufzugeben, dass aus dem alten Steinbruch ein Rebberg wurde. 1929 beschloss er, den dem Steinbruch vorgelagerten Schuttkegel in einen Rebberg zu verwandeln. Zuvor eröffnete er als erster eine Mosterei in Arlesheim und verkaufte seinen Süssmost bis nach Basel, wanderte dann nach Südamerika aus, wo das feuchtwarme Klima von Patagonien ihm die jugendliche Sehkraft zurückgebracht haben soll, kehrte wieder nach Europa zurück und gründete in München eine Fabrik für pharmazeutische Produkte, verlor infolge der Inflation sein Erwirtschaftetes und kehrte mit seiner Familie 1926 in seine Heimatgemeinde Arlesheim zurück. Nun kam die "Idee Steinbruch", die ihn nicht mehr losliess, und die er 1929, im kältesten Frühling des Jahrhunderts zu verwirklichen begann und das Winzerdorf Arlese um einen Rebberg reicher machte.

Nachzulesen in: Die Geschichte des Gemeinderebbergs "Steinbruch" Arlesheim (Adolf Heller jun. und weitere Autoren)

Pfluger & Co.

Früher, da hat man bei Familie Pfluger Comestiblewaren, bei Frau Ledig am Kiosk Süssigkeiten, im Schuhhaus Leuthardt Schuhe und bei Pimpfinger Schmuck gekauft. Das war, bevor die Neubauten von Coop und Migros in Arlese das Ortsbild markant veränderten.
Fundstücke aus den Siebzigerjahren:

Baugrube-Coop
Coop Baugrube*)

Tramdepot
Tramdepot - der Migros gewichen*)

Schuhaus-Leuthardt
Und das war das Schuhhaus Leuthardt an der Ermitagestrasse*)

*) Mit herzlichem Dank an den Arleser Fotografen fürs Zurverfügungstellen der Bilder, welche hier erstmals der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Arlese - Winzerdorf

Seit dem 14. Jahrhundert gilt es als gesichert, dass bei uns Reben gepflanzt worden sind. Die Grundherren sahen allerdings diese Rebgelände der Arleser Bauern nicht besonders gerne, denn deren Ertrag galt als unsicher. Die Bauern setzten sich aber durch und traten den Beweis an, dass mit dem Anbau von Reben keine wesentliche Ertragsminderung einhergehen musste.

Vor etwa 200 Jahren breitete sich in Arlesheim unter dem bewaldeten Kamm in bester Sonnenlage ein zusammenhängender Mantel von Reben aus. Verzeichnen wir heute ungefähr 500 Aren, so waren es damals etwa 7'000 Aren Rebland. - Arlesheim war die grösste Weinbaugemeinde der Region. In der Trotte wurden die Trauben in süssen Saft verwandelt. Mächtige Kellertore der Rebbauernhöfe weisten auf tiefe, kühle Keller, in denen die Fässer lagerten. Noch heute zeugt beispielsweise das Tor an der Dorfgasse 8 (Leuthardt) davon. Wenn nun ein guter Herbst mehr Wein einbrachte, als der Bauer für sich brauchte, so entstand eine Eigengewächs-Wirtschaft; ein Blumenkranz an der Türe zeigte an, dass noch Wein im Fass war.

1856

Schumanns Todesjahr, 1856, war für Arlesheim ein nicht unbedeutendes Jahr: in diesem Jahr baute der damalige Besitzer der Schappe-Fabrik, Daniel August Alioth, in seinem privaten Garten am Bruggweg eine Kapelle zur Abhaltung des reformierten Gottesdienstes. Vor genau 150 Jahren wurde folglich im Birseck der erste reformierte Gottesdienst abgehalten. Die Kapelle stand etwas hinter dem Wegkreuz oben am Bruggweg und musste 1950 nach einem Brand abgebrochen werden. Hintergrund für den Kapellenbau war, dass mit der Schappe-Fabrik, welche 1830 als erste Fabrik nach Arlesheim, genauer an die Birs, dislozierte, viele reformierte Arbeiter aus der Stadt Basel ins katholische Arlesheim zogen.

Der Wanderer von Arlesheim

Skizzen zu Arlesheims Kultur, Geschichte und Natur.

Suche

 

Kontaktadresse:

wanderer.arlesheim at gmail.com

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Zufallsbild

Eremitage-Arlesheim3

Web Counter-Modul


Status

Online seit 6663 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 21. Okt, 08:23