Dienstag, 5. August 2008

Die Fischgemeinschaften in der renaturierten Birs

Birs-Heiliholzbruecke
Die renaturierte Birs, Heiligholzbrücke flussaufwärts: die Fischgemeinschaft in diesem Abschnitt der Birs war Gegenstand einer Untersuchung

In einem zweieinhalbjährigen Forschungsprojekt wurde die Fischgemeinschaft in der revitalisierten Birs im Grenzbereich Arlesheim/Münchenstein untersucht. In den renaturierten Abschnitten konnte noch keine höhere Fischdichte nachgewiesen werden. Der Grund dafür dürften die 2004 und 2005 durchgeführten Revitalisierungsmassnahmen mit ihren baulichen Eingriffen sein. Insgesamt wurden 13 Fischarten in den untersuchten Strecken der Birs festgestellt, darunter der in der Schweiz gefährdete Strömer und das hierzulande stark gefährdete Bachneunauge. Für eine abschliessende Beurteilung des Erfolgs der Revitalisierungsmassnahmen ist es jedoch noch zu früh. Auch nach der Renaturierung unterscheidet sich der Lauf der Birs deutlich von seiner historischen, naturnahen Form mit ihren Seitenarmen, Hinterwassern und einem mehr als doppelt so langen Flusslauf zwischen Dornachbrugg und Münchenstein.

Die Nutzung der Fliessgewässer durch den Menschen wirkt sich vielerorts negativ auf die aquatischen Lebensgemeinschaften aus. So sind zahlreiche Flussfischarten gefährdet und Flussauen gehen massiv zurück.

Durch die Revitalisierung soll dieser fortschreitenden Verschlechterung Einhalt geboten werden. Im Vordergrund steht dabei die Wiederherstellung einer naturnahen Gewässerstruktur. In zahlreichen Projekten ist die positive Wirkung auf die Wasserlebewesen jedoch ausgeblieben, wie das Forscherteam Christine Weber und Armin Peter vom Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs, Eawag, in ihrem Bericht schreiben.

Um die Situation in der renaturierten Birs im Grenzbereich von Arlesheim und Münschenstein zu erfassen, haben die beiden Forscher das historische Fischvorkommen und Lebensraumangebot der Birs ober- und unterhalb des Sundgauerviadukts anhand alter Quellen rekonstruiert. So schufen sie einen Reverenzpunkt für die Ermittlung der Naturnähe und für die Erfolgskontrolle nach der Revitalisierung.

Birs-Karten-1817-2000
Abbildung A (oben): Die Birs bei Münchenstein/Arlesheim 1817.
Abbildung B, gleicher Kartenausschnitt: die begradigte Birs 2000. In diesem Bereich liegen die untersuchten Abschnitte.

Bildquelle

Um 1810 wies die Birs bei Arlesheim und Münchenstein einen gewundenen Lauf mit zahlreichen Seitenarmen und Hinterwassern auf. Bei grösserem Hochwasser überschwemmte die Birs die Augebiete und verlagerte dabei auch häufig ihren Lauf, was zu einer grossen Veränderung der Wassertiefen und Fliessgeschwindigkeiten führte. Ein vielfältiger aquatischer Lebensraum entstand. Die Birs gilt – damals wie heute – als sogenannte Äschenregion, wobei über die tatsächliche Zusammensetzung der Fischfauna in der unbegradigten Birs wenig bekannt ist. Einzig für den Mündungsbereich ist das Vorkommen von Lachsen und Laichzügen von aufwandernden Nasen belegt.

Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Unterlauf der Birs in mehreren Etappen grossräumig begradigt. Als Schutz vor Hochwasser wurde die Birs in den 1970-er Jahren von Aesch bis zur Mündung in Basel und Birsfelden mit Dämmen korrigiert. War die Birs zwischen Dornachbrugg und Münchenstein vor 200 Jahren noch fast acht Kilometer lang, so weist sie heute im gleichen Bereich noch eine Strecke von dreieinhalb Kilometern auf.

Birs-bei-Arlesheim-Blockwuerfe
Blockwürfe am nicht renaturierten Birsufer bei Arlesheim

Im Frühjahr 2004 bzw. im Winter 2005 wurde das Birsbett bei Arlesheim und Münchenstein rekonstruiert, die Blockwürfe mehrheitlich entfernt und zur Schaffung von Inseln eingesetzt. Am Böschungsfuss wurden Weiden und Baumstämme angebracht, der Uferbereich angesät und bepflanzt. Wegen der intensiven Nutzung des Gebiets durch Siedlungsbau und Gewerbe war eine Erweiterung des Flussbetts nicht möglich. Der heutige Flusslauf unterscheidet sich nach seiner Revitalisierung noch deutlich von seiner historischen, naturnahen Form. Insbesondere fehlen Hinterwasser und Seitenarme, die wichtige Rückzugsorte während ungünstiger Bedingungen darstellen, zum Beispiel während Hochwasser.


Birs-Sundgauerviadukt-
Die Birs im Bereich des Sundgauerviadukts, flussaufwärts

Das Forscherteam verglich nun die Fischdichte dreier revitalisierter Abschnitte der Birs mit einer (noch kanalisierten) Kontrollstrecke. Im Verlauf der Studie hat sich die Fischdichte unterschiedlich entwickelt, wobei diese auf der Kontrollstrecke tendenziell dichter war als in den renaturierten Bereichen. Gründe für diese Entwicklung werden darin gesehen, dass einerseits die Revitalisierungsmassnahmen (bauliche Eingriffe im Rahmen der Revitalisierung, was zu einer erhöhten Trübung führte) die Fischdichte in den betroffenen Abschnitten negativ beeinflusst haben und andererseits das Blockwurfufer im (nicht renaturierten) Kontrollbereich eine grössere Vielzahl von Strukturen aufweist als die renaturierten Bereiche.

Es fällt auf, dass die in der Studie untersuchten revitalisierten Abschnitte über weite Strecken noch eine relativ geringe Strukturvielfalt aufweisen. Zusammen mit den relativ hohen Fliessgeschwindigkeiten ergibt sich ein geringes Unterstandsangebot für Fische. Viele Arten der Äschenregion haben jedoch mehr oder weniger starken Bezug zur Struktur ihres Lebensraums.

Insgesamt wurden 13 Fischarten nachgewiesen. Besonderheiten sind dabei der Strömer (in der Schweiz gefährdet) und das Bachneunauge (in der Schweiz stark gefährdet). Einzelne Arten wie Aal, Äsche, Bachneunauge, Stichling und Rotauge konnten nur in sehr geringen Zahlen nachgewiesen werden. Die revitalisierten Strecken zeigen eine deutliche Veränderung in der Artenzusammensetzung. Inwiefern dies jedoch auf die Renaturierung zurückzuführen ist (oder auf die verbesserte Fangbarkeit wegen der geringeren Wassertiefe), ist nicht eruierbar.
Weitere festgestellte Fischarten sind Alet, Bachforelle, Barbe, Elritze, Groppe, Gründling, Schmerle und Cypriniden (Familie der Karpfenfische). Orientiert man sich an der Fischgemeinschaft der Äschenregion, so fällt auf, dass noch einige charakteristische Arten fehlen, so die Nase, die Hasel und der Schneider. Für eine abschliessende Beurteilung des Erfolges der Revitalisierungsmassnahmen ist es vom fischökologischen Standpunkt aus noch zu früh. Die beiden Forscher empfehlen daher eine neue Erhebung beispielsweise nach der im Zuge der Aufhebung der ARA Reinach geplanten weiteren Revitalisierungsmassnahmen.

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