150 Jahre reformierte Kirchgemeinde Arlesheim
Der Dom, die römisch-katholische Pfarrkirche von Arlesheim, gilt als Wahrzeichen unseres Dorfes. In den Jahren 1679 bis 1681 als strenger und einfacher Barockbau errichtet, erhielt er sein heutiges Rokoko-Aussehen anno 1759, als er umfassend restauriert werden musste. Er beherbergt die legendäre Statue der Heiligen Odilie, welche ursprünglich in der alten Dorfkirche ihren Platz hatte. Der Ruf der von Johann Andreas Silbermann erbauten Orgel geht weit über die Landesgrenzen hinaus.
Im Gegensatz zum Dom zieht die bald hundertjährige reformierte Kirche unseres Dorfes keine Touristenströme an und die kunsthistorische Bedeutung erschliesst sich dem Betrachter erst auf den zweiten Blick.
Die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde feiert 150-Jahr-Jubiläum: Anno 1856 erbaute der Besitzer der Schappefabriken, Daniel August Alioth ( Sohn von Johann Sigmund Alioth, der anno 1830 am Mühleteich eine Filiale seiner baselstädtischen Schappe-Spinnerei gründete), für die Arbeiterinnen und Arbeiter ihrer Fabrik sowie für die im überwiegend katholischen Birseck angesiedelten Protestanten, im Park seiner Villa eine neugotische Kapelle. Nachdem bereits 1992 auf Alioth-Land das heutige Pfarrhaus am Stollenrain erbaut wurde, entstand um die Jahrhundertwende das Bedürfnis nach einer grösseren Kirche. Hinter - oder neben, je nach Sichtweise - dem Pfarrhaus stand ein Stöckli mit Waschküche und Unterrichtsraum. Hier wurde die neue reformierte Kirche geplant. Beim hierzu ausgeschriebene Wettbewerb wurden insgesamt 107 Projekte eingereicht; zur Ausführung kam das Projekt der Basler Architekten La Roche und Staehelin. Ursprünglich sollte die Kirche von einer Mauer umgeben sein (so wie wir dies aus Muttenz und Pratteln kennen); aus Kostengründen wurde jedoch darauf verzichtet.
Der Betrachter der Kirche entdeckt eine Vielzahl von Stilelementen: so sind am Turm beispielsweise romanische, gotische und barocke Elemente zu erkennen, das Schiff mit seinem Krüppelwalmdach wirkt profan, die Eingangsfront und die Anbauten haben gar schlossähnlichen Charakter.
Im Innern findet sich eine skandinavisch anmutende offene Holzdecke sowie Einflüsse des Jugendstils. Hans Rudolf Heyer würdigt diese - in jener Zeit übliche - Freiheit der Stilwahl, die zu einer Stilvielfalt führte, als Ueberwindung des Stilpluralismus und als beispielhaft für die Verarbeitung der Zeitströmungen des Beginns des 20. Jahrhunderts zu einem neuen Stil, den er als eine Art Stimmungsarchitektur definiert und der als sogenannte nationale Romantik - auch Schweizer Heimatstil oder Landesmuseum-Stil genannt - in die Kunstgeschichte einging. In der Stilvielfalt, die die nationale Romantik vereint, fast unterzugehen drohen die Einflüsse des Jugendstils, die ich besonders hervorheben möchte: Leuchter und Fenstergitter, Türrahmen und Fensterrahmen, Chorbogen und Sternenhimmel an der Chordecke (Weisst du wieviel Sternlein stehen ...), hier überall ist die abstrakte Ornamentik mit ihren symbolistischen Anklängen zu erkennen. - Obwohl die Künstler des Jugendstils sich bewusst vom zum Teil schwülstigen und behäbigen Historismus, der in den romanischen, gotischen und barocken Stilelementen der Kirche weiterlebt, distanzieren wollten, vereint die nationale Romantik diese beiden Gegensätze.
Das heutige Wissen zur nationalen Romantik , auch Schweizer Heimatstil genannt, ist rudimentär. Nur wenige Publikationen beschäftigen sich mit dem Phänomen. Oft wird die Architektur des Heimatstils fälschlicherweise unter den Schweizer Holzstil (style chalet suisse) subsumiert. Der Heimatstil ist eine den Historismus überwindende Baukunst und hängt mit der Heimatschutzbewegung zusammen, die, seit 1903 von Deutschland ausgehend, 1905 in der Schweiz Fuss fasste.
Die Kirche ist übrigens bereits die dritte reformierte Kirche in unserem Dorf, denn nach der Reformation von 1529 stand die alte Odilienkirche während ungefähr 50 Jahren in reformierten Diensten; die zweite war die obenerwähnte Alioth-Kapelle, die in den 1950-er Jahren ausbrannte und anschliessend abgebrochen wurde. Erhalten geblieben ist einzig die Glocke. Standort der Kapelle war am heutigen Bruggweg 6/8.
Die reformierte Kirche steht seit 1970 unter Denkmalschutz.
Baugeschichte, Beschreibung und Würdigung von Hans Rudolf Heyer im kantonalen Kunstführer.
Weitere Quelle: Heimatkunde Arlesheim, Hauptredaktor Oscar Studer, 1993.
Im Gegensatz zum Dom zieht die bald hundertjährige reformierte Kirche unseres Dorfes keine Touristenströme an und die kunsthistorische Bedeutung erschliesst sich dem Betrachter erst auf den zweiten Blick.
Die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde feiert 150-Jahr-Jubiläum: Anno 1856 erbaute der Besitzer der Schappefabriken, Daniel August Alioth ( Sohn von Johann Sigmund Alioth, der anno 1830 am Mühleteich eine Filiale seiner baselstädtischen Schappe-Spinnerei gründete), für die Arbeiterinnen und Arbeiter ihrer Fabrik sowie für die im überwiegend katholischen Birseck angesiedelten Protestanten, im Park seiner Villa eine neugotische Kapelle. Nachdem bereits 1992 auf Alioth-Land das heutige Pfarrhaus am Stollenrain erbaut wurde, entstand um die Jahrhundertwende das Bedürfnis nach einer grösseren Kirche. Hinter - oder neben, je nach Sichtweise - dem Pfarrhaus stand ein Stöckli mit Waschküche und Unterrichtsraum. Hier wurde die neue reformierte Kirche geplant. Beim hierzu ausgeschriebene Wettbewerb wurden insgesamt 107 Projekte eingereicht; zur Ausführung kam das Projekt der Basler Architekten La Roche und Staehelin. Ursprünglich sollte die Kirche von einer Mauer umgeben sein (so wie wir dies aus Muttenz und Pratteln kennen); aus Kostengründen wurde jedoch darauf verzichtet.
Der Betrachter der Kirche entdeckt eine Vielzahl von Stilelementen: so sind am Turm beispielsweise romanische, gotische und barocke Elemente zu erkennen, das Schiff mit seinem Krüppelwalmdach wirkt profan, die Eingangsfront und die Anbauten haben gar schlossähnlichen Charakter.
Im Innern findet sich eine skandinavisch anmutende offene Holzdecke sowie Einflüsse des Jugendstils. Hans Rudolf Heyer würdigt diese - in jener Zeit übliche - Freiheit der Stilwahl, die zu einer Stilvielfalt führte, als Ueberwindung des Stilpluralismus und als beispielhaft für die Verarbeitung der Zeitströmungen des Beginns des 20. Jahrhunderts zu einem neuen Stil, den er als eine Art Stimmungsarchitektur definiert und der als sogenannte nationale Romantik - auch Schweizer Heimatstil oder Landesmuseum-Stil genannt - in die Kunstgeschichte einging. In der Stilvielfalt, die die nationale Romantik vereint, fast unterzugehen drohen die Einflüsse des Jugendstils, die ich besonders hervorheben möchte: Leuchter und Fenstergitter, Türrahmen und Fensterrahmen, Chorbogen und Sternenhimmel an der Chordecke (Weisst du wieviel Sternlein stehen ...), hier überall ist die abstrakte Ornamentik mit ihren symbolistischen Anklängen zu erkennen. - Obwohl die Künstler des Jugendstils sich bewusst vom zum Teil schwülstigen und behäbigen Historismus, der in den romanischen, gotischen und barocken Stilelementen der Kirche weiterlebt, distanzieren wollten, vereint die nationale Romantik diese beiden Gegensätze.
Das heutige Wissen zur nationalen Romantik , auch Schweizer Heimatstil genannt, ist rudimentär. Nur wenige Publikationen beschäftigen sich mit dem Phänomen. Oft wird die Architektur des Heimatstils fälschlicherweise unter den Schweizer Holzstil (style chalet suisse) subsumiert. Der Heimatstil ist eine den Historismus überwindende Baukunst und hängt mit der Heimatschutzbewegung zusammen, die, seit 1903 von Deutschland ausgehend, 1905 in der Schweiz Fuss fasste.
Die Kirche ist übrigens bereits die dritte reformierte Kirche in unserem Dorf, denn nach der Reformation von 1529 stand die alte Odilienkirche während ungefähr 50 Jahren in reformierten Diensten; die zweite war die obenerwähnte Alioth-Kapelle, die in den 1950-er Jahren ausbrannte und anschliessend abgebrochen wurde. Erhalten geblieben ist einzig die Glocke. Standort der Kapelle war am heutigen Bruggweg 6/8.
Die reformierte Kirche steht seit 1970 unter Denkmalschutz.
Baugeschichte, Beschreibung und Würdigung von Hans Rudolf Heyer im kantonalen Kunstführer.
Weitere Quelle: Heimatkunde Arlesheim, Hauptredaktor Oscar Studer, 1993.
wanderer - 30. Aug, 09:28