Pozzi, ein Wanderstukkateur

In ihrem kürzlich erschienenen Buch beschreibt Ursula Stevens Leben und Werk des Tessiner Wanderstukkateurs Francesco Pozzi. Während dreier Jahre (1759 - 1761) schmückte Pozzi mit Hilfe seiner Söhne den gesamten Innenraum, den Hochaltar und die sechs Seitenaltäre des Doms von Arlesheim mit Stukkaturen. Die Arbeit gilt als eines seiner Hauptwerke. Für Arlesheim von Interesse: Der Autorin gelingt erstmals der Nachweis, dass der im Dom verwendete Marmor aus Italien stammt.

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Tessin - Land der ausgewanderten Künstler. Diesen Titel verleiht die Autorin Ursula Stevens der Sonnenstube der Schweiz. Unzählig sind die Werke, die Tessiner Architekten, Bildhauer, Stukkateure und Maler im Ausland geschaffen haben. Ursula Stevens beschreibt in ihrem kürzlich erschienenen Buch Leben und Werk des Wanderstukkateurs Francesco Pozzi, der 1704 in Bruzella/TI zur Welt kam:

In dem kleinen Dorf im Valle di Muggio gab es keine öffentliche Schule; Francesco Pozzi lernte Schreiben und Rechnen im Familienkreis und beim Dorfpfarrer. Wie damals üblich begann er etwa mit 12 Jahren eine fünfjährige Lehre in einer Stukkateurwerkstatt. Sein Grossvater, sein Onkel und sein Grossonkel übten bereits den Beruf des Stukkateurs aus.

Eventuell war es auch sein Grossonkel, Giovan Pietro Magni (1655 - 1723), der ihn ausbildete, denn dieser kehrte nach über 20 Jahren Tätigkeit als Stukkateur im Raum Baureuth, Bamberg und Würzburg nach Bruzella zurück.

Nicht eindeutig geklärt ist, wo sich Francesco Pozzi zwischen 1721 und 1729 aufgehalten hat. In der Literatur findet Francesco Pozzi erstmals 1730 Erwähnung, als er die fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Architekten Johann Caspar Bagnato begann, die fast 30 Jahre, bis zum Tode Bagnatos, andauerte.

Castel-San-Pietro
Castel San Pietro

1728 heiratete Francesco Pozzi die ebenfalls aus einer Künstlerfamilie stammende Ursula Petoni aus Castel San Pietro/TI. Die Eheleute hatten 10 Kinder. Erst im Alter von 52 Jahren konnte Pozzi mit seiner Familie festen Wohnsitz in Castel San Pietro nehmen. Er bekleidete öffentliche Ämter und brachte es zu Wohlstand. So besass er bei seinem Tod im Jahr 1789 mehrere Häuser, Grundstücke und Weinberge.

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Dom von Arlesheim: Detail Stukkatur

Stuck wird hergestellt aus einer Mischung von Gips, Kalk, Marmorpulver und gewaschenem Quarzsand. Diese Mischung wird mit Wasser, Leim, Mandelöl und manchmal auch Wein zu einem Brei gerührt. Die feuchte Masse wird mit Kellen, Spachteln, Modellierhölzern oder direkt von Hand zu kleinen bis mittelgrossen Figuren, Reliefs, Ornamenten und Deckendekorationen geformt.

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Dom von Arlesheim: Stukkaturen voller Harmonie und Leichtigkeit

Die Abkehr vom in der Renaissance und im Hochbarock dominierenden Bau von eindrucksvollen Kirchengebäuden mit gewaltigen Ausmassen hin zum menschlichen Mass liess der Gestaltung des Innenraums eine neue Bedeutung zukommen. Im Zeitalter des Rokoko (von franz. "rocaille", Muschelschale)zeichneten Geborgenheit, Wärme, Harmonie und Leichtigkeit die Gebäude aus. Weiche, runde, fliessende Formen bildeten den Übergang von Architektur und Dekoration. Die Zusammenarbeit von Architekten, Malern und weiteren Spezialisten, zu denen auch die Stukkateure zählten, war unerlässlich. So arbeiteten oft auch Pozzi und Bagnato unterstützt vom Maler Appiani erfolgreich als Team.

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Dom von Arlesheim, Stukkaturen von Francesco Pozzi

Nach Arbeiten u.a. in Altshausen (Schloss und Schlosskirche), Mainau (Schloss und Kirche), Obermarchtal (Kloster), Bischofszell (Rathaus) erhielt Francesco Pozzi 1759 das Angebot, im renovierten Dom die Dekoration des gesamten Innenraums, des Hautpaltars un der sechs Seitenaltäre zu übernehmen. Begleitet wurde er von seinen beiden Söhnen, die seit Obermarchtal mit ihm zusammen arbeiteten, dem Sohn Bagnatos und dem Maler Joseph Ignaz Appiani. Die Arbeiten im Dom von Arlesheim dürfen als Zeugnis der von Leichtigkeit und Eleganz geprägten Stukkateurskunst Pozzis gelten.

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Dom von Arlesheim: Ergebnis der Teamarbeit von Architekt, Maler und Stukkateur

Für Arlesheim besonders interessant ist der Umstand, dass die Autorin Ursula Stevens einen Beleg für den Import des im Dom verwendeten Marmors gefunden hat: Für die Kanzel und die Altäre liess Francesco Pozzi neun Sorten echten Marmors aus Italien herbeischaffen.
  • Ursula Stevens, Francesco Pozzi. 1704 -Bruzella - 1789 Castel San Pietro. Ein Wanderstukkateur aus dem Tessin, 2007

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Zuletzt aktualisiert: 21. Okt, 08:23